ABSCHALTEN

ABSCHALTEN

Im Zen üben wir, im gegenwärtigen Augenblick zu leben – frei von der Vergangenheit, die schon vergangen ist, und von der Zukunft, die noch nicht begonnen hat.

In der Meditation geschieht das, indem wir bewusst atmen und unsere Gedanken aufmerksam betrachten, ohne sie zu füttern. Bekommen sie keine Energie mehr, lösen sie sich von selbst auf
 
Wir werden zu stillen Zeugen. Der Gedankenstrom fließt weiter, doch wir stehen nicht mehr mitten darin. Von einer Brücke aus betrachtet, sehen wir: Alles kommt und vergeht, alles wiederholt sich. Immer die gleichen Wellen von Ärger und Wut, von Gier und Sehnsucht, von Urteilen und Bewertungen, von Vorlieben und Enttäuschungen. Ein endloser Kreislauf.
 
Doch sobald wir „den inneren Projektor abschalten“, verschwinden auch die Bilder an der Leinwand. Der Spuk löst sich auf wie ein Traum – und für einen Augenblick zeigt sich die Wirklichkeit, so wie sie ist.
 
Buddha sagt: „Ein wirklich bewusst lebender Mensch lebt in dieser Welt wie eine Biene. Er berührt die Schönheit dieser Welt, ohne sie zu zerstören. Sein Leben ist einfach, leicht und nicht überladen. Er geht still seinen Weg, nimmt nur, was er braucht, und ruht im Hier und Jetzt.“
 
Was bedeutet das für uns heute? Eine Biene nimmt, was sie braucht – nicht mehr und nicht weniger. Auch wir können lernen, uns nicht ständig zu überladen: mit Aufgaben, Konsum, Erwartungen. Stattdessen nehmen wir nur das, was wirklich wesentlich ist.
 
Eine Biene zerstört die Blüte nicht, die sie besucht. Auch wir können lernen, achtsamer zu gehen – die Dinge, die uns umgeben, zu würdigen, ohne sie auszubeuten oder zu zerreden. Das gilt für die Natur ebenso wie für Menschen. Worte, Gesten, Taten – sie können verletzen oder heilen. Ein bewusst lebender Mensch tastet die Welt sanft an.
 
Eine Biene summt ihren Weg. Sie ist da, wo sie ist, ohne Hast, ohne Anspruch, ohne Drang nach mehr. Auch wir können im Alltag üben, diesen unnötigen Druck loszulassen. Beim Essen, beim Gehen, beim Arbeiten, selbst im Gespräch: einfach da sein. Nicht getrieben, sondern gegenwärtig.
 
So bedeutet „Abschalten“ nicht Flucht oder Passivität, sondern eine Rückkehr. Wir lassen los, was uns beschwert, und wenden uns dem Einfachen zu. Wir lernen, mit weniger Last und mehr Stille zu leben. Und vielleicht erfahren wir dabei, wie leicht es sein kann, einfach Mensch zu sein.

39. Woche
VERZÜCKUNG IST NICHT ALLES

Manchmal, während der Meditation,
geschieht etwas Unerwartetes.
Ein lebhaftes Gefühl starker Energie,
wie ein Blitz, der plötzlich erscheint –
und wieder erlischt.
Es kann den ganzen Körper durchdringen,
sodass er sich fast transparent anfühlt –
als wäre er nicht mehr vorhanden.

Früher nannte man es „Verzückung“,
heute weiß kaum noch jemand,
was damit gemeint ist.
Verzückung ist ein Moment der Begeisterung,
den man am liebsten festhalten möchte.
Dieses Gefühl ist nicht wirklich friedvoll,
sondern ziemlich aufregend,
manchmal sogar lästig.

Dennoch neigen wir dazu, es zu mögen,
besonders dann, wenn es stärker wird.
Der Buddha lehrte, diese Verzückung zu ehren,
sie aber nicht für das Ziel zu halten.
Sie ist wie eine Blume am Wegesrand:
schön zu betrachten, duftend, vergänglich.
Geh weiter, ohne sie zu pflücken.

Wenn Begeisterung aufsteigt, erleb sie,
ohne sie zu ergreifen.
So bleibt sie ein Tor zur Freude,
kein Hindernis auf deinem Weg.
Denn jenseits der Wellen der Empfindungen
liegt ein tiefes Gefühl von Glück –
ein Zustand von großem Frieden und großer Ruhe,
der nicht kommt und geht.

Doch auch diese höheren Formen von Glück
sind nicht die Endstation – mehr darüber später.
Zunächst übe in der Meditation,
jede Empfindung willkommen zu heißen
und wieder loszulassen,
um deinen weiteren Weg freizumachen.

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