Hirnforschung und Meditation

Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass der allergrößte Teil des menschlichen Denkens ein subpersonaler Vorgang ist, so etwas wie Darmbewegungen, d.h. dieser ständige innere Monolog, dieses Geschichten erzählen, Assoziieren, Plappern, dieser Prozess ist automatisch, ständige Darmbewegungen im Gehirn. Eine interessante Vorstellung oder?

Menschen, die meditieren, wissen darum und wollen oft eine Haltung des freundlichen „Aha, so ist das also bei mir“ einüben, es also nicht weiter bewerten, was da so blubbert und plappert. Längst haben auch die Hirnforscher Spaß daran gefunden, Meditation zu untersuchen bzw. die Meditierenden in die berühmte Röhre zu schieben – neurologische Daten werden erhoben. Und sie haben herausgefunden, dass die Meditierenden durch eben dieses Meditieren allmählich die Struktur ihres Gehirns verändern und andere Bewusstseinszustände herbeiführen können.

Wer meditiert, wird mit der Zeit gelassener in seinem Tun. Die Gedanken und Gefühle, die den Kopf durcheilen und durchrasen, beruhigen sich. Meditation scheint den Menschen wieder zur Besinnung zu bringen. Auch unser Gehirn bleibt davon nicht unberührt. Hirnforscher haben herausgefunden, dass beim Meditierenden die graue Substanz zunimmt z. B. in Regionen die unsere Gefühle und und die Körperempfindungen steuern. Eine Stressminderung im Alltag ist die Folge. – Das reicht vielen Meditierenden aber nicht aus. Sie suchen mehr. Die Erleuchtung zum Beispiel oder das Einswerden mit allen Dingen, der Natur, dem gesamten Kosmos.

Für Hirnforscher setzen sich Gedanken und Gefühle aus Milliarden von Einzeleindrücken zusammen. Wir können sie nicht wollen. Sie sind wie Darmbewegungen, die automatisch ablaufen. Wobei unser Gehirn aber im Laufe der Evolution die Fähigkeit ausgebildet hat, die einzelnen Wahrnehmungspartikel zu Gesamteindrücken zu formen.

Bei Langzeitmeditierenden, z.B. bei tibetanischen Mönchen tritt diese Fähigkeit in besonderer Weise zu Tage. Bei erleuchteten Menschen, so die Hypothese der Hirnforscher, bleibe dann von den Gesamteindrücken nur noch ein großer Eindruck über: der von der Einheit allen Bewusstseins oder Seins.

Es geht in der Meditation um eine gezielte Transformation des Bewusstseins, damit der Mensch zu einem Gewahrsein aller inneren und äußeren Erscheinungen gelangt, die in jedem Augenblick integriert werden. Dies wird erreicht in Achtsamkeit – eine Art und Weise des konzentrierten Bewusstseins, in der es sich selbst und alle Außeneindrücke gleichzeitig wahrnimmt.

Die Hirnforschung macht deutlich, dass sich meditative Erfahrungen in uns, in unserem Bewusstsein ereignen. Die neurologischen Daten zeigen sich ausgesprochen kompatibel mit der buddhistischen Bewusstseinforschung, die ja schon einige Jahrtausende auf dem Buckel hat.

Auszüge aus der wdr5-Sendung „Diesseits von Eden“ vom 17.04.2011